Wintersemester 2018/2019
Proseminar: Kontrastive Betrachtung modifizierender Konstruktionen und ihrer Skopusambiguität in Rechtstexten
Dr. Johanna Mattissen-Piacenski
Mittwoch, 14-15:30 Uhr
Seminargebäude, Seminarraum S12
Ein wiederkehrender Anlass für Fälle vor dem EuGH sind unterschiedliche Auslegungen einzelner Sprachfassungen von EU-Rechtstexten, die um eine attributive oder adverbiale Konstruktion kreisen, deren Skopus (Bezugsbereich) uneindeutig ist. Dies ist besonders unter Koordination der Fall. Durch geschicktes Formulieren können solche Uneindeutigkeiten vermieden werden. Insofern ist die Bewusstmachung von Ambiguitäten und die Erarbeitung attributiver und adverbialer Konstruktionen ein wichtiger Teil der Ausbildung europäischer Rechtslinguisten.
Im Seminar werden wir die Bandbreite, Attribute, also modifizierende Elemente zu einem Substantiv, sowie Adverbiale als modifizierende Elemente zum Prädikat in unterschiedlichen europäischen Sprachen zu formulieren, abbilden. Alle Sprachkenntnisse der TeilnehmerInnen sind dabei eine willkommene Bereicherung. Ebenso werden Formen der Koordination erarbeitet. Verschiedene Arten von Bedeutungsunklarheiten werden vorgestellt sowie im Detail beleuchtet, welche Strukturen zu Mehrdeutigkeit und welche zu Eindeutigkeit führen. Dabei wird berücksichtigt, dass durch die Verschiedenheit der Sprachstrukturen (Kongruenz, Wortbildung etc.) Uneindeutigkeiten in allen Sprachfassungen nicht gleichermaßen auftreten. Als Material dienen EU-Rechtstexte.
Hauptseminar: Multilinguale Aspekte bei der Rechtsetzung in der Europäischen Union am Beispiel ausgewählter Richtlinien des Jahres 2017
Prof. Dr. Isolde Burr-Haase; Dr. Renata Rocha de Mello- Martins
Mittwoch, 18:45-20:15 Uhr
Bauwens-Gebäude, 0.A01
In Zusammenarbeit mit der Direktion Rechtsakte des Europäischen Parlaments in Brüssel untersuchen wir Prinzipien der Rechtsetzung im EU-Recht anhand jüngster Richtlinien im multilingualen Vergleich, die mit den Prätexten von der Direktion Rechtsakte zur Verfügung gestellt werden. Das Seminar teilt sich in zwei Teile; jeweils mittwochs finden Seminarsitzungen in Abwechslung mit selbständiger Arbeit in Gruppen statt. In der 2. Hälfte Januar 2019 (der genaue Tag wird noch bekannt gegeben) erörtern wir die bislang herausgearbeiteten Ergebnisse in einem Tagesseminar in der Direktion Rechtsakte des EP in Brüssel und diskutieren sie mit Akteuren aus Brüssel und Luxemburg, die mit den jeweiligen Texten befasst waren. Von den SeminarteilnehmerInnen wird eine rege und regelmäßige Beteiligung in den Sitzungen, die Bereitschaft zur Vor- und Nachbereitung von Kursmaterialien sowie die Übernahme eines Referats erwartet, das zu einer Hausarbeit ausgearbeitet werden kann. Voraussetzung der Teilnahme ist das Rechtslinguistische Kolloquium. Da das Tagesseminar in Brüssel stattfindet und in dem Bus dorthin nur eine beschränkte Zahl der Mitfahrgelegenheiten besteht, ist die Teilnehmerzahl für die Rechtslinguisten und Juristen auf 25 beschränkt.
Zur vorbereitenden Lektüre werden empfohlen: Europäische Kommission / Generaldirektion Übersetzung (Eds.), Study on lawmaking in the EU multilingual environment. Luxemburg 2010 [http://bookshop.europa.eu/de/study-on-lawmaking-in-the-eu-multilingual-environment-pbHC3110678/ ]; Friederike Zedler (2015): Mehrsprachigkeit und Methode. Der Umgang mit dem sprachlichen Egalitätsprinzip im Europarecht. Baden-Baden: Nomos; Katharina Neumayr (2017): Mehrsprachigkeit im Unionsrecht. Wien: Manz.
Hauptseminar: Übersetzungsstrategien bei Normtexten
Prof. Dr. Isolde Burr-Haase; Dr. Sandra Lhafi
Mittwoch, 12-13:30 Uhr
Bauwens-Gebäude, 0.A01
Die Besonderheiten von Normtexten erfordern unterschiedliche Übersetzungsstrategien und technische Möglichkeiten, denen spezifische Übersetzungstheorien zugrunde liegen. Ziel des Seminars ist es, anhand fundierter übersetzungstheoretischer Grundlage Besonderheiten, Möglichkeiten und Grenzen in der Übersetzung von Normtexten zu reflektieren. In dem Zusammenhang werden wir zunächst eine Arbeitsdefinition des Begriffs Übersetzung in Abgrenzung zu verwandten Begriffen (Textverarbeitung, Adaptionen etc.) erarbeiten, sowie die zentrale Frage der Äquivalenz-Problematik eingehend diskutieren. In einem zweiten Schritt soll anhand vorgegebener Texte der Bezug zwischen Theorie und Praxis hergestellt werden. Hierbei werden Errungenschaften der maschinellen Übersetzung berücksichtigt.
Vorlesung: EU-Gesetzgebungsverfahren in Theorie und Praxis
Ellen Heinemann, M.A.
Dienstag, 14-15:30 Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Vom Mitentscheidungsverfahren zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren: anhand ausgewählter Texte (Verträge, Geschäftsordnungen, interinstitutionelle Vereinbarungen, Leitfäden etc.) werden die Grundzüge der wichtigsten EU-Gesetzgebungsverfahren in Theorie und Praxis untersucht. Wie haben das Europäische Parlament und der Rat das Mitentscheidungsverfahren seit der Einführung im Vertrag von Maastricht konkret umgesetzt und an neue Entwicklungen angepasst? Welche Rolle spielt das Europäische Parlament in den sogenannten besonderen Gesetzgebungsverfahren? Wie ist es um die Transparenz der EU-Gesetzgebungsverfahren bestellt? Frau Ellen Heineman hat an maßgeblicher Stelle in der Direktion für Rechtsakte des Europäischen Parlaments in Brüssel über Jahre hinweg die EU- Gesetzgebungsverfahren begleitet und verantwortet. Sie ist eine wichtige Gewährsperson aus der Praxis, die dadurch einen weiteren Kreis von Studierenden anspricht.
Übung: Einführung in die Europäische Rechtslinguistik
Katharina Kroll, M.A.
Blockseminar
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Dieses Seminar, das als BLOCKVERANSTALTUNG stattfindet, soll Studierenden der ersten Semester die Grundlagen einer Europäischen Rechtslinguistik vermitteln.
Neben der Vorstellung und Anwendung wichtiger Arbeitsmittel und -techniken werden die Studierenden auf das Studium im Spannungsfeld von Sprache und Recht vorbereitet. So können die im Grundlagenseminar Sprachwissenschaft erworbenen Kenntnisse studienbegleitend anhand von mehrsprachigen Rechtstexten erläutert und angewandt werden (u.a. in Form von Kurzreferaten). Durch die gemeinsame Lektüre von Texten aus unterschiedlichen Bereichen der beiden Bezugswissenschaften wird ein Überblick über die Disziplin der Rechtslinguistik vermittelt und die individuelle Schwerpunktsetzung im weiteren Verlauf des Studiums erleichtert.
Vorlesung: Rechtssprache in der Romania und ihre Verwendung im mehrsprachigen EU-Kontext
Prof. Dr. Katrin Schmitz
Dienstag, 12-13:30 Uhr
Philosophikum, Hörsaal C
Mit ihren 24 offiziellen Sprachen ist die Europäische Union (EU) hochgradig mehrsprachig (unabhängig von der individuellen Mehrsprachigkeit vieler, aber noch längst nicht aller Unionsbürger in den Mitgliedstaaten). Entsprechend entwickelt sich eine gemeinsame EU-Rechtssprache in mehrsprachiger Ausprägung immer weiter (woran Rechtslinguisten wesentlich beteiligt sind, vgl. Burr-Haase 2016: 65 f.). Eine zentrale Etappe bildet dabei für alle Unionsbürger die im Jahr 2000 verabschiedete Europäische Grundrechte-Charta (GRCh) , die z.B. in Artikel 21 die sprachliche Vielfalt als wesentliches Merkmal der europäischen Identität und Sprache als unzulässiges Diskriminierungselement festlegt und in Artikel 41 Abs. 4 die folgende Sprachengarantie gibt: „Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verträge an die Organe der Union wenden und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten“ (vgl. Burr-Haase 2016: 66). Entsprechend müssen alle EU-Rechtstexte in den 24 Sprachen gleichwertige Versionen mit gleicher rechtsverbindlicher Wirkung sein. Wie kann dies in der täglichen Praxis der Rechtsentwicklung der EU-Institutionen und der Rechtsprechung am Europäischen Gerichtshof (EuGH) funktionieren? Dabei spielen direkte und Relais-Übersetzungen v.a. aus dem Englischen (Rechtsentwicklung) und dem Französischen (Arbeitssprache des EuGH), zumeist im Wechselspiel mit der Texterstellung in mehrsprachigen Experten-Kommissionen, eine zentrale Rolle (vgl. Details dieser Prozesse in Burr 2013, Burr-Haase 2016). Der EuGH arbeitet dabei mit der Übersetzung zwischen der Beratungssprache Französisch und den Pivot-Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Italienisch – mithin spielen also romanische Sprachen eine zentrale Rolle. Bei den vorgenannten Übersetzungsvorgängen stellen sich zahlreiche Herausforderungen für alle Beteiligten; nicht zuletzt ist die terminologische Überschneidung von Rechtskonzepten und ihrer jeweiligen Versprachlichung aus dem nationalen Recht und dem EU-Recht ein großes Problem (vgl. u.a. Šarčević 2015).
Vor diesem Hintergrund zielt die Vorlesung auf die Vertiefung der Kenntnisse der nationalen und der EU-Terminologie sowie struktureller Eigenschaften der romanischen Rechtssprachen, die zudem mit den jeweiligen Alltagssprachen und mit dem Deutschen und Englischen in Bezug gesetzt werden. Anhand von EU-Rechtstexten (v.a. der GRCh) werden zentrale, potentiell mehrdeutige, Strukturen kontrastiv analysiert, wobei die ausgewählten Phänomene von der Wortebene über die Satzebene bis hin zur Textebene reichen, d.h. vom polysemen Wort bis zur Zusammenschau verschiedener Formulierungen innerhalb und zwischen einander zitierenden Rechtstexten. Die kontrastive Analyse zielt auf vertiefte Kenntnis dieser Strukturen, die es ERL-Studierenden ermöglicht, in Übersetzungsprozessen ungewollte Interpretationsspielräume zu vermeiden, die insbesondere durch aufzudeckende Schein-Konvergenzen oder gar Divergenzen der einzelsprachlichen Versionen entstehen können (vgl. Burr-Haase 2016: 74 ff.), während Romanisten und Lehramtsstudierende diese Kenntnisse für Spracherwerbs- und Sprachvermittlungsprozesse, insbesondere zur Vermeidung lexikalischer und struktureller „falscher Freunde“, verwenden können.
ERL-Kolloquium
Nadine Schreiber, M.A.
Dienstag, 10-11:30 Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Das Kolloquium bietet ein Zusammenführen juristischer, sprachwissenschaftlicher sowie sprachpraktischer Studieninhalte zur Ausarbeitung spezifisch rechtslinguistischer Vorgehensweisen. Nach einer kurzen Einführung in das EU-Recht, insbesondere auch in das unionsrechtliche Gesetzgebungsverfahren, werden wir das Konzept der Mehrsprachigkeit im EU-Recht in den Blick nehmen. Ausgehend von Art. 55 EUV werden wir sowohl die institutionellen Vorgaben der Mehrsprachigkeit auf EU-Ebene als auch die damit verbundenen Herausforderungen sowie deren Grenzen untersuchen. Die daraus hervorgehenden Erkenntnisse dienen als erste Grundlage für vergleichend-textlinguistische Analysen. Weiterführend folgt anhand ausgewählter neuerer Beispiele der EU-Rechtsetzung und Auslegung des EU-Rechts die Schulung in rechtslinguistischer Analyse. Eine weitere Grundlage rechtslinguistischen Arbeitens stellen die Techniken der wissenschaftlichen Recherche dar (z.B. der kritische Umgang mit Quellen unter Nutzung relevanter Datenbanken). Für den Leistungsnachweis sind erforderlich: die aktive Teilnahme, Vor- und Nachbereitung der Sitzungen sowie Übernahme einer kurzen schriftlichen Analyse eines vorgegebenen Textbeispiels bzw. die Kurzanalyse eines wissenschaftlichen Textes und eines 10minütigen Kurzvortrags.