Sommersemester 2018
Proseminar: Kontrastive Betrachtung attributiver Konstruktionen und ihrer Skopusambiguität in Rechtstexten
Dr. Johanna Mattissen-Piacenski
Dienstag, 14-15:30 Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Ein wiederkehrender Anlass für Fälle vor dem EuGH sind unterschiedliche Auslegungen einzelner Sprachfassungen von EU-Rechtstexten, die um eine attributive Konstruktion kreisen, deren Skopus (Bezugsbereich) uneindeutig ist. Durch geschicktes Formulieren können solche Uneindeutigkeiten vermieden werden. Insofern ist die Bewusstmachung von Ambiguitäten und die Erarbeitung attributiver Konstruktionen ein wichtiger Teil der Ausbildung europäischer Rechtslinguisten. Im Seminar werden wir die Bandbreite, Attribute, also modifizierende Elemente zu einem Substantiv, in unterschiedlichen europäischen Sprachen zu formulieren, abbilden. Alle Sprachkenntnisse der TeilnehmerInnen sind dabei eine willkommene Bereicherung. Verschiedene Formen von Bedeutungsunklarheiten werden vorgestellt sowie im Detail beleuchtet, welche Strukturen zu Mehrdeutigkeit und welche zu Eindeutigkeit führen. Dabei wird berücksichtigt, dass durch die Verschiedenheit der Sprachstrukturen Uneindeutigkeiten in allen Sprachfassungen nicht gleichermaßen auftreten. Als Material dienen EU-Rechtstexte.
Proseminar: Modifikation und Eindeutigkeit im europäischen Rechts-Sprachvergleich
Dr. Johanna Mattissen-Piacenski
Dienstag, 12-13:30 Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Gleiches Recht für alle ist in der EU übersetzer-gegeben, auf diese Formel kann man die Abfassung von EU-Rechtstexten bringen. Übersetzer setzen einen teilweise auch nicht bis ins Detail festgelegten politischen Willen unter Zeitdruck um, dabei kommt es hin und wieder zu Fehlformulierungen, aus denen ein uneinheitliches EU-Recht entsteht. “Se non è vero è ben trovato” führt dann zu Rechtsunsicherheit, “Schlupfloch-Suche” und Beschäftigung der Gerichte. Besonders anfällig dafür ist der sprachliche Bereich der Modifikation. Im Seminar erarbeiten die Studierenden durch Vergleich unterschiedlicher Sprachfassungen unter Anleitung, wo jemand es in EU-Rechtstexten nicht so “ben trovato” hat.
Rechtslinguistisches Kolloquium
Prof. Dr. Isolde Burr-Haase
Mittwoch 12-13:30Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Das Kolloquium bietet ein Zusammenführen juristischer, sprachwissenschaftlicher und sprachpraktischer Studieninhalte zur Ausarbeitung spezifisch rechtslinguistischer Vorgehensweisen. Nach einer kurzen Einführung in das EU-Recht erarbeiten wir die institutionellen Vorgaben der Mehrsprachigkeit am Beispiel von Art. 55 EUV. Dies liefert erste Grundlagen für vergleichend-textlinguistische Analysen. Nach einem Überblick über das institutionelle Gefüge der EU wird die sprachliche Implikation anhand des Sprachenregimes im Sekundärrecht verdeutlicht. Weiterführend folgt anhand ausgewählter neuerer Beispiele der EU-Rechtsetzung und Auslegung des EU-Rechts die Schulung in rechtslinguistischer Analyse. Eine weitere Grundlage rechtslinguistischen Arbeitens stellen die Techniken der wissenschaftlichen Recherche dar (z.B. der kritische Umgang mit Quellen unter Nutzung relevanter Datenbanken). Für den Leistungsnachweis sind erforderlich: die aktive Teilnahme, Vor- und Nachbereitung der Sitzungen sowie Übernahme einer kurzen schriftlichen Analyse eines vorgegebenen Textbeispiels bzw. die Kurzanalyse eines wissenschaftlichen Textes.
Hauptseminar: Auslegung des mehrsprachig verbindlichen Unionsrechts in der Rechtsprechung des EuGH. Erörterung von Urteilen und Schlussanträgen des Jahres 2017 unter rechtslinguistischem Aspekt
Prof. Dr. Isolde Burr-Haase
Mittwoch 18:45-20:15
Bauwens Gebäude, Seminarraum 0.A.01
Der Schwerpunkt des Hauptseminars liegt in der Analyse von EuGH-Entscheidungen von 2017 sowie einiger relevanter Schlussanträge dieses Zeitraums. Es richtet sich an Studierende der Europäischen Rechtslinguistik und der Rechtswissenschaften. In transdisziplinärer Weise Zusammenarbeit werden Fragen der juristischen Auslegung im Europarecht und rechtslinguistische Vorgehensweisen erörtert, die der Mehrsprachigkeit sowie der Übersetzungstätigkeit eine besondere Rolle zuweist. Implizit ist damit auch der Blick auf die Rezeption von EU-Rechtstexten im nationalen Recht gegeben, die insbesondere in Vorabentscheidungsersuchen angesprochen sind. Ein wichtiger Aspekt stellt die linguistische, sprachvergleichende Betrachtungsweise als Auslegungselement dar. Seit der von juristischer Seite gegebenen maßgeblichen Publikation der Arbeit von Isabel Schübel-Pfister (2004) (Sprache und Gemeinschaftsrecht. Die Auslegung der mehrsprachig verbindlichen Rechtstexte durch den Europäischen Gerichtshof. Berlin: Duncker) hat sich die Anzahl der EU-Mitgliedsländer und der offizielle EU-Sprachen mehr als verdoppelt. Die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ist sehr umfänglich geworden und weist auf die stärkere Beachtung einer Europäischen Rechtslinguistik, wie sie u.a. in folgende Arbeiten zhum Ausdruck kommt: Joxerramon Bengoetxea (2011) („Multilingual and Multicultural Legal Reasoning: The European Court of Justice“, in: Anne Lise Kjær &Silvia Adamo (Hrsg.): Linguistic Diversity and European Democracy, Farnham: Ashgate; S. 97-122), von Cornelis J.W. Baaij (2012) („Fifty Years of Multilingual Interpretation in the European Union, in: Peter M. Tiersma &Lawrence M. Solan (Hrsg.): The Oxford Handbook of Language and Law, Oxford: Oxford University Press, S. 217-231 sowie von Christoph Sobotta (2015) („Die Mehrsprachigkeit als Herausforderung und Chance bei der Auslegung des Unionsrechts“, in: ZERL 2015 [urn:nbn:de:0009-24-40011]: http://www.zerl.uni-koeln.de/christophsobotta/2015/mehrsprachigkeit-unionsrecht/ [Stand: 02.02.2017]) oder Friederike Zedler (2015): Mehrsprachigkeit und Methode: der Umgang mit dem sprachlichen Egalitätsprinzip im Unionsrecht. Baden-Baden: Nomos.
Um den stärkeren Praxisbezug der Thematik zu veranschaulichen, ist das Seminar in mehrere Phasen eingeteilt. Bis Anfang Juni finden die Seminarsitzungen und alternierend die betreute Gruppenarbeit wöchentlich zu den oben angegebenen Zeiten statt. Kernstück dieser Lehrveranstaltung ist ein Tagesseminar am 11. Juli 2018 beim EuGH in Luxemburg, wo wir die im Seminar behandelte Thematik in Einzelvorträgen mit Praktikern aus verschiedenen Kabinetten, den Übersetzungsabteilungen sowie dem Wissenschaftlichen Dienst des EuGH diskutieren werden. Eine Abschlusssitzung am Ende des Sommersemesters wird die Diskussionsergebnisse für die Ausarbeitung aufbereiten.
Von den Seminarteilnehmenden wird eine rege Beteiligung, die Bereitschaft zur Vorbereitung von Kursmaterialien sowie die Übernahme eines Referats erwartet, dessen Thesenpapier Bestandteil des in Luxemburg vorgelegten Dossiers sein wird. Das Referat wird im Anschluss an die Sitzung in Luxemburg zu einer Hausarbeit ausgebaut, deren Fertigstellung während der darauffolgenden vorlesungsfreien Zeit (Abgabe: 15. September 2018) erfolgt.
Hauptseminar: Textproduktion im EU-Recht: der Beitrag der Terminologie. Ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Referat Terminologiekoordinierung des EP
Prof. Dr. Isolde Burr-Haase
Dienstag 10-11:30 Uhr
-1.A05 (Petrarca-Institut)
Im Vordergrund steht die terminologische Untersuchung des rechtlichen Novums „Cybercrime“ bzw. Internetkriminalität. Die Bekämpfung dieser Kriminalität stellt nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene eine große Herausforderung dar. Das Hauptseminar verbindet Forschung und Praxis im Bereich der unionsrechtlichen Terminologie. In Kooperation mit dem Referat Terminologiekoordinierung des Europäischen Parlaments wird ein mehrsprachiges Terminologieprojekt zu dem Thema „Lexikalische Neuschöpfungen im Bereich der Cybercrime Terminologie“ von den Studierenden eigenständig erarbeitet.
Proseminar/ Ergänzungsmodul: Digitale Möglichkeiten für Rechtslinguisten
Katharina Mahler M.A.
Donnerstag 12-13:30 Uhr
RRZK (Gebäude 133) Kursraum 1 0.12
Sowohl für die Produktion als auch für die Auslegung von EU-Rechtstexten ist die Kenntnis von digitalen Ressourcen und Techniken absolut notwendig, nicht zuletzt hinsichtlich der Berücksichtigung des multilingualen Aspekts im EU-Recht.
Dieses Seminar ist praxisorientiert. Zuerst wird das Thema Webpräsentation behandelt. Anhand HTML und Content Management Systemen wie Wordpress und Typo3 wird der Aufbau einer Webpräsentation erprobt: Seiten, Menüs und Beiträge erstellen, Plug-ins und Inhalt einbinden. Weiterführende Themen werden Textauszeichnung mit XML (eXtensible Markup Language) und TEI (Text-Encoding-Initiative) sowie verschiedene digitale Ressourcen und (kontrastive) Korpuslinguistik sein.
Hauptseminar: Passivkonstruktionen in den romanischen Sprachen (Frz., Ital., Span.)
Prof. Dr. Katrin Schmitz
Dienstag, 14-15:30 Uhr
USB- Verwaltungstrakt, Kerpener Str. 20 (107), Hörsaal B IV
Das Französische, Italienische und Spanische haben zwei grundlegende Passivkonstruktionen ausgebildet: das periphrastische Passiv (z.B. La ville a été détruite par un séisme/La città è stata distrutta da un terremoto/La ciudad ha sido destruido por un seísmo) sowie das sog. reflexive Passiv (aktive Form + Pronomen si/se, z.B. Ces livres se vendent facilement/Questi libri si vendono facilmente/Esos libros se venden facilmente). Die zentralen pragmatischen Funktionen von Passivkonstruktionen sind die Defokussierung eines Agens (bis zur vollständigen Suppression) und im Gegenzug die Fokussierung eines nicht-agentivischen Elements. Die drei Sprachen unterscheiden sich jedoch deutlich hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeiten (semantische und formale Beschränkungen, z.B. bzgl. der Tempora und verwendeten Auxiliare) sowie der Interpretationen hinsichtlich des beschriebenen Ereignisses als Vorgang bzw. Zustand.
In diesem Seminar werden zentrale Eigenschaften und Funktionen dieser beiden sowie weiterer Konstruktionen mit passivischer Bedeutung (z.B. die sog. absoluten Konstruktionen) und ihre Entwicklung aus dem Spätlateinischen vergleichend erarbeitet. Neben der theoretischen Analyse werden auch ihre Verwendungsmuster in historischen und aktuellen Texten untersucht – gerade in Rechtstexten sind die vorgenannten Funktionen des Passivs zentral, so dass sie eine hohe Frequenz von Passivkonstruktionen aufweisen. Für Studierende der romanischen Sprachwissenschaft und der Europäischen Rechtslinguistik besteht die Möglichkeit, Hausarbeiten mit kleinen empirischen Untersuchungen der Verwendungsmuster unterschiedlicher romanischer Passivkonstruktionen (im Vergleich untereinander und/oder mit den Passivkonstruktionen des Deutschen) in modernen oder historischen alltagssprachlichen und/oder rechtssprachlichen Texten zu verfassen.